Ask your dealer

Kaum hat man mal was im Netz gekauft, poppt prompt im Posteingang die Mail mit dem Fragebogen zum Einkaufserlebnis auf.

Und was die da alles wissen wollen: Wie einem das Produkt so gefällt. Ob der Shop okay ist und der Verkäufer-Avatar nett war. Ob man das Ding weiterempfehlen würde oder nur seinem ärgsten Feind …

Wie viel Zeit wir wohl damit verbringen, Unternehmen zu helfen, ihren Online-Kram auf die Reihe zu kriegen? Aber hey – das machen wir doch gerne. Schließlich profitieren wir ja auch davon. Sie tun das ja nur für uns. Weil sie uns das Leben leichter machen wollen und immer mehr Entscheidungen abnehmen. Und dass sie dabei mit unseren Daten auch noch Geld verdienen? Geschenkt.

Aber wenn mir dann nach Abschluss des Bezahlvorgangs der just gekaufte Artikel auf jeder zweiten Website, die ich streife, noch mal angeboten wird, stimmt mich das nachdenklich. Vielleicht flutscht die algorithmische Datenzauberei doch noch nicht so ganz, wie es den Heerscharen an Informatikern und Mathemagiern vorschwebt.

Irgendwie riecht das nach einem Beziehungsproblem, ausgelöst durch eine zu einseitig gelagerte Bereitschaft, Informationen über sich preiszugeben. Den anderen immer nur danach zu fragen, wie toll er einen findet und ihm dauernd zu sagen, wie toll man sich selbst findet und was man alles weiß, kann und tut, dürfte in den wenigsten Fällen das Fundament einer dauerhaften und glücklichen Beziehung sein.

Vielleicht sollten wir den Spieß einfach mal umdrehen und unseren eigenen Fragebogen entwickeln, den wir dann an Unternehmen mailen, um Auskunft über ihr Einkaufserlebnis mit uns als Kunden zu erhalten:

Herzlichen Glückwunsch,  Sie haben mich als Kunden gewonnen!
Ihre Meinung als mein Lieferant ist mir äußerst wichtig. Ich würde mich daher sehr freuen, wenn Sie sich ein paar Minuten Ihrer kostbaren Zeit nähmen, um mir einige Fragen zu beantworten. Unter den ersten 100 Rücksendern verlose ich eine Woche absoluter Kundenloyalität.

Wie gefällt Ihnen mein Name?

Kennen Sie viele Menschen, die am selben Tag wie ich Geburtstag haben?

Finden Sie, dass ich den richtigen Mann/die richtige Frau geheiratet habe?

Was erzählt Ihnen eigentlich meine Bank so über mich?

Finden Sie, dass ich in eine andere Gegend ziehen sollte?

Macht mich meine Webcam fett?

Ist die Cloud bei anderen Leuten auch so unaufgeräumt wie bei mir?

Finden Sie, dass die Schuhe, die ich gestern *kreisch* bei Zalando gekauft habe, gut zu dem Teilchen passen, das ich neulich auf ebay geschossen habe?

Was passiert eigentlich mit all den Telefonaten, die Sie zu Qualitätssicherungszwecken aufzeichnen? Verkaufen Sie die zu Folterzwecken an die CIA?

Wie ist denn Ihr Callcenter so organisiert: Käfig-, Boden- oder Freilandhaltung?

Mit welcher Warteschleifen-Musik erzielen Sie die größten Erfolge, um Anrufer der Reklamationshotline zur Aufgabe zu bewegen?

Hat die Tatsache, dass ich bei Ihnen immer Vorkasse leisten muss, eigentlich irgendetwas mit meinem Musikgeschmack zu tun?

Von welchen meiner Facebook-Freunde sollte ich mich trennen, damit mein Baukredit endlich bewilligt wird?

Ab welcher Schadensfreiheitsrabatt-Klasse habe ich eine realistische Chance, dass sämtliche Carsharing-Autos im Umkreis von 10 km sich nicht immer dann in Luft auflösen, wenn ich eines davon reservieren möchte?

Für wie aussichtsreich halten Sie es, dass jemand mit meiner Lieferando-Bestellhistorie eine Risiko-Lebensversicherung abschließen kann?

Warum behelligen Sie mich überhaupt noch mit Werbung und schicken mir nicht einfach das Zeug, das ich ohnehin irgendwann bestelle?

Ich zahle ja auch dafür. Täglich. Mit meinen Daten.